Kirche in Richen

Ein neues, vielen auch vertrautes Bild zeigt sich seit wenigen Wochen dem, der die Richer Kirche betritt: Im Dezember letzten Jahres wurde auf Beschluss des Kirchenvorstands Richen der ursprüngliche Altar der Richer Kirche nach vielen Jahren wieder freigelegt. Im Zuge der Renovierung der Kirche Anfang der 80er Jahre wurde dieser aus theologischen Gründen zu einem Blockaltar umgestaltet. Der ursprüngliche Tischaltar wurde ummauert. Als Beitrag zur Denkmalpflege sowie aus theologischen und ästhetischen Gründen konnte nun mit Hilfe einer großzügigen Spende durch das Ehepaar Herbert und Adele Heyl der ursprüngliche Altar wieder freigelegt werden. Ein wunderschönes Ergebnis! Ein Besuch der Kirche lohnt sich! Am Pfingstsonntag, dem 20. Mai, wollen wir in einem festlichen Gottesdienst die Wiedereinweihung des Altars feiern, wozu der Kirchenvorstand Sie alle herzlich eingelädt!

Die Geschichte der Richer Kirche

 

Am höchsten Punkt der Gemeinde Richen stand einst, so urkundlich berichtet, eine kleine Kapelle. Diese wurde mit der Zeit baufällig und genügte nicht mehr den Anforderungen der wachsenden Gemeinde. So beschloß man eine neue Kirche am gleichen Platz neben dem Friedhof zu bauen.

Das neue Gotteshaus sollte im kleineren Maßstab der Kirche zu Spachbrücken nachgebaut werden. Um das nötige Geld für die Innenbemalung zu bekommen, reiste man bis in die Niederlande um dort Spenden zu sammeln.

1751 wurde das Gotteshaus eingeweiht. Allerdings war es noch nicht ganz vollständig. Denn – das Geld für eine neue Orgel hatte man nicht. So behalf man sich mit der kleinen Orgel aus der Kapelle. Erst 1785 sollte das neue Instrument seine Einweihung erleben. Den Auftrag für die neue Orgel erhielt Johannes Oberndörfer aus Darmstadt – Jugenheim.

Oberndörfer war von Beruf Lehrer. Stammte aber aus einer „alten Orgelbau Familie“ Denn schon sein Vater fertigte Instrumente an. Johannes Oberndörfer baute zuerst Klaviere. Die zu ihrer Zeit großen Anklang fanden und sogar bis nach Amerika verschifft wurden. (Quelle Hess. Staatsarchiv).

Trotz des Erfolgs beim Klavierbau sollte Oberndörfer nach Wunsch seines Vaters aber dem Schuldienst treu bleiben. Dem kam Oberndörfer einige Jahre nach, widmete sich aber dann nach dem Tod seines Vaters ganz und gar dem Instrumenten Bau.

Seine erste Kirchenorgel war, so kann man heute sagen, die Richer Orgel. Mit ihr erhielt er den Titel „Hoforgelbauer zu Darmstadt“ Es war quasi sein Meisterstück. Durch diesen Titel konnte Oberndörfer nun weitere Instrumente bauen. Das Instrument wurde durch den damaligen Kantor „Christian Heinrich Rinck“ aus Darmstadt abgenommen.

Oberndörfer war ein begabter Schreiner. Er fertigte das Gehäuse der Orgel in Richen aus Nußbaum an. Der Klang seiner Holzpfeifen ist vielseitig.

Im 19. Jahrhundert änderte sich das Klangverständnis der Menschen. Die Tendenz ging weg vom klanglichen Barock hin zur Romantik. Spitze helle Klänge waren nicht mehr gewünscht. Man versuchte den Klang einer Kirchenorgel einem Orchester gleich zu stellen. Viele Instrumente wurden klanglich in ihrer Disposition verändert. So auch in Richen. Die Mixtur wurde ersetzt durch ein Cornett. Die Sesquialtera wurde zu einer Quinte umgebaut. Mitte des 20. Jahrhundert wurden diese Veränderungen von dem Amsterdammer Orgelbauer „De Graf“ rückgängig gemacht. 1985 mußte das Instrument erneut restauriert werden. Die Empore hatte sich einige Zentimeter gesenkt. Dadurch wurden die Windladen teilweise undicht. Die Spitzflöte 4 Fuß wurde wieder chonisch nachgebaut. „De Graf“ ersetzte seinerzeit die chonischen Pfeifen durch gedeckte Pfeifen.

Heute klingt das Instrument,  wie es einst gebaut wurde.

Die Disposition lautet:

Im Pedal:

Subbaß 16´

Trompete 8´

Im Manual:

Sesquialtera 2 f

Waldflöte 2´

Oktave 4´

Spitzflöte 4´

Mixtur 1´1/3

Gedackt 8´

Flöte8´

Viola de Gamba 8´

Prinzipal 8´ (Im Prospekt)

 

Es gibt nur noch zwei Orgeln von Joh. Oberndörfer. Die 1792 gebaute Orgel für die evangelische Kirchengemeinde in Roßdorf wurde ins rheinhessische nach Sankt  Johann verkauft. Andere für Darmstadt gebaute Instrumente wurden entweder im 2. Weltkrieg in der Brandnacht am 11. September 1944 zerstört oder wurden durch neue Orgeln ersetzt.

So, wie sich das Klangempfinden veränderte, veränderte sich auch das Empfinden der räumlichen Gestaltung in der Kirche. Ebenfalls Mitte des 20. Jahrhundert wurde die Kirche innenrenoviert. Die Bemalungen in den Fensternischen verschwand. Ebenso ein Bibelvers der entlang der Decke angebracht war. Durch kürzlich bedingte Reparatur Arbeiten am Dach entdeckte man Bemalungen die die Kirchendecke zierten. Die Bretter mit deren Bemalungen wurden rum gedreht und die Decke verputzt.

Um den Altar wurde das Holzgitter entfernt. Der Kohle Ofen verschwand. Ebenso eine kleine Sakristei rund um die Kanzel. In vielen evangelischen Kirchen wurden Bänke und Emporen in grau gestrichen. Dies hatte man in Richen ursprünglich auch vor. Der damalige Pfarrer Alexander Claar hatte sich allerdings dagegen ausgesprochen. Aus heutiger Sicht zum Glück. Denn so blieben die Bemalungen in den Kassetten der Empore erhalten und natürlich auch das schöne Nußbaumgehäuse der Orgel.

 

Die Glocken

 

Wie vielerorts wurden auch die Glocken der Richer Kirche zum ersten Weltkrieg abgeholt und als Munition eingeschmolzen. Neue Glocken wurden angeschafft. Diese allerdings wurden zum zweiten Weltkrieg ebenfalls abgeholt und eingeschmolzen. Mitte des 20. Jahrhundert erhielt die Kirchengemeinde ihr heutiges drittes Geläut. Die neuen Glocken wurden feierlich auf einem Wagen durch den Ort gefahren um dann ihren neuen Platz im Turm einzunehmen. Der Glockenstuhl ist nach wie vor aus Eiche.

Aus mündlicher Überlieferung wird berichtet, daß eine kleine Glocke (vielleicht aus der ersten Kapelle?) jedes Mal vorher versteckt wurde bevor die anderen Glocken abgeholt wurden. So überlebte diese kleine Glocke, die heute nicht mehr geläutet wird, beide Weltkriege.